Berlin – Der Aktionstag zur nicht-alkoholischen Steatohepatitis (NASH) in der vergangenen Woche in Berlin hat auf die Gefahren der Fettleber-Hepatitis aufmerksam gemacht. Ein Bündnis mehrerer Fachgesellschaften und Organisationen hat den zum Schulterschluss genutzt. Die Experten*innen fordern, dass die Fettleber leitliniengerecht versorgt und in bestehende Disease Management Programme (DMP) aufgenommen werden soll.
Zu dem Bündnis gehören die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. (DGVS), die Deutsche Adipositas Gesellschaft e.V. (DAG), die Deutsche Diabetes Gesellschaft e.V. (DDG), die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin e.V. (DGEM), die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie e.V. (DGK), der Berufsverband Niedergelassener Gastroenterologen (bng), die Deutsche Leberstiftung und die Deutsche Leberhilfe e.V. als die Vertreterin der Patient*innen.
Zum Hintergrund der Fettleber
Die nicht-alkoholische Fettleber (NAFLD) ist eine Zivilisationskrankheit, die vor allem durch eine unausgewogene Ernährung und zu wenig Bewegung entsteht. „Die NAFLD betrifft heute schon jeden dritten Deutschen. Die Fettleber ist eine neue Volkskrankheit“, erklärt Professor Dr. med. Heiner Wedemeyer, Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie an der Medizinischen Hochschule Hannover und Mediensprecher der DGVS. Bei einer NAFLD verfetten die Leberzellen. Die Fetteinlagerungen können in der Leber zu Entzündungen führen. Diese hinterlassen Gewebeschäden und Narben, wodurch ihre Funktionsfähigkeit sinkt und das Risiko einer Leberzirrhose, also das Absterben der Leberzellen, oder von Leberkrebs steigt. Unbehandelt kann sich die Fettleber zu einer NASH (non-alcoholic steatohepatitis) entwickeln.
Tritt mit anderen Zivilisationskrankheiten auf
Die Fettleber tritt sehr häufig mit anderen Zivilisationskrankheiten auf: Etwa vier von fünf der von einer Fettleber Betroffenen leiden an Bluthochdruck, gut dreiviertel an Adipositas. Umgekehrt hat ein Großteil der Menschen mit Typ-2 Diabetes mellitus eine NAFLD. „Prävention der Fettleber bedeutet Prävention der Adipositas, des Typ-2 Diabetes und der Folgeerkrankungen. Wir fordern daher mit Nachdruck die Integration der Fettleber in das Präventionsgesetz (Gesundheitsziele in § 20 Abs. 3 SGB V)“, so Wedemeyer, Mediensprecher der DGVS. „Wenn es uns gemeinsam mit den Patient*innen gelingt, die Krankheit durch Prävention früh zu erkennen, senken wir das Risiko für das Fortschreiten der Krankheit, bis hin zu Zirrhose und Leberkrebs“, so Wedemeyer weiter. „Für eine wirksame Prävention ist vor allem wichtig, dass die Politik gesunde Ernährung und Bewegung mit entsprechenden Maßnahmen fördert – sowohl für Kinder als auch Erwachsene. Dazu zählt auch das Schaffen nachhaltiger Ernährungs- und Bewegungstherapieangebote zur Vermeidung und Behandlung von Adipositas“, erklärt Professorin Dr. med. Martina de Zwaan, Past Präsidentin der DAG und Direktorin der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie an der Medizinischen Hochschule Hannover“. Zu Risikopatient*innen zählen insbesondere Menschen, die von Diabetes mellitus betroffen sind. „Bei Stoffwechselkrankheiten wie Übergewicht und Typ 2-Diabetes schreitet die NAFLD schneller fort und erhöht auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Entsprechend liegt auch die Sterblichkeit dieser Menschen deutlich höher. Eine möglichst frühe Diagnose der NAFLD durch entsprechende Programme kann daher besonders für diese Gruppe lebensrettend sein“, so Professor Dr. med. univ. Michael Roden, Direktor der Klinik für Diabetologie und Endokrinologie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und Vorstand des Deutschen Diabetes Zentrums (DDZ) sowie Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Darm und Leber der DDG.
In diesem Zusammenhang ist auch der Auf- und Ausbau der Forschung in Bezug auf die Prävention, Risikofaktoren sowie Diagnose- und Therapiestrategien bei der Fettleber wichtig. Da die Fettleber interdisziplinär therapiert wird, müssen die bestehenden Forschungsaktivitäten und Expertisen vernetzt werden: „Hierfür brauchen wir neue unabhängige Förderkonzepte. Ebenso wichtig ist aber auch die Stärkung und Förderung von klinischen sowie von translationalen Studien“, fordert Wedemeyer. Aufgrund der hohen Zahl der Betroffenen sei der gesundheitsökonomische Aspekt nicht zu vernachlässigen.
Frühzeitig behandelt sind Fettleber und NASH zu einem gewissen Teil reversibel. „Entscheidend für die Prognose der Erkrankung ist das vorliegende Fibrosestadium der Leber, also wie weit der Umbau von Leber- zu Narbengewebe fortgeschritten ist. Steht dieser noch am Anfang, haben Betroffene den Verlauf der Erkrankung selbst in der Hand“, erklärt. Professor Dr. med. Christoph Sarrazin, Vorstandsvorsitzender Deutsche Leberhilfe e.V. und Chefarzt Medizinische Klinik II, St. Josefs-Hospital Wiesbaden. Deswegen sei es wichtig, Betroffene möglichst früh zu erkennen. Dazu sei es notwendig, ein leitliniengerechtes Fettleberscreening zu etablieren, indem die Kontrolle der Leberwerte in die Gesundheitsuntersuchungsrichtlinie (§ 20 Abs. 4 SGB V) im Kontext der Erkrankungen Adipositas und Diabetes integriert werde.
Um die Früherkennung von Fettleber und NASH zu verbessern, fordern die Fachgesellschaften die nicht alkoholische Fettleber in das DMP Adipositas und Typ-2-Diabetes mellitus aufzunehmen: „Mit dem bestehenden DMP Adipositas und Typ-2-Diabetes mellitus können wir Betroffene von Lebererkrankungen bereits früh identifizieren und frühzeitig therapieren. Die DMP müssen allerdings durch die einfache und nahezu kostenneutrale Berechnung eines Leber-Scores bei der Routine-Labordiagnostik, zum Beispiel den FIB-4, ergänzt werden“, so Wedemeyer.
Link zum Thema: Leitlinie Fettleber
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) e.V.